Tara, adoptiert am 10. August ’05, † 6. Februar ’15

Typisch Henne - Tara verteidigte ihren Korkschredderplatz sehr energisch, wie schon ihr Blick sagte.
Typisch Henne – Tara verteidigte ihren Korkschredderplatz sehr energisch, wie schon ihr Blick sagte.

Anfang Mai 2005 kämpfte sich im Rheinland ein junger Vogel aus seinem Ei, dessen weiteres Schicksal bereits beim Schlupf besiegelt gewesen ist. Anders als seinen Geschwistern wuchs dem jungen Wellensittich kein intaktes Gefieder. Nahezu am gesamten Körper blieb das Vögelchen nackt. Der Züchter sortierte das junge Weibchen aus, für einen normalen Verkauf beispielsweise über den Zoofachhandel war das Jungtier nicht zu gebrauchen. Wer möchte schon einen nackten, flugunfähigen und damit sehr wahrscheinlich zeitlebens gehandicapten Vogel kaufen? Solche Vögel sind Ladenhüter, weshalb leider einige Züchter – es sind die berüchtigten schwarzen Schafe – eine besonders drastische „Problemlösung“ anwenden, die gesetzlich verboten ist: Sie „beseitigen“ solche Vögel, indem sie ihnen beispielsweise selbst das Genick brechen. Andere Vögel werden an Schlangenhalter verkauft, die sie als Lebendfutter für ihre Tiere verwenden.

Tara als halb nackter Jungvogel.
Tara als halb nackter Jungvogel.

Dem kleinen nackten Wellensittich aus dem Rheinland blieb ein solches schreckliches Ende im Verdauungstrakt einer Schlange oder mit gebrochenem Genick zum Glück erspart. Eine Vogelfreundin, die von dem gehandicapten Tier erfahren hatte, kümmerte sich um die Vermittlung der jungen Sittichdame. So ergab es sich, dass das Tier in die Obhut der Vogelfreundin Birgit gelangte. Von dort aus wurde der flugunfähige, leider sehr scheue Vogel in ein liebevolles Zuhause vermittelt. Bald stellte sich jedoch heraus, dass der Sittich dort aus unterschiedlichen Gründen nicht bleiben konnte. Zum Beispiel war die Umgebung nicht sicher genug für das gehandicapte Tier, es drohten Verletzungen. Hühnchen, so wurde der kleine Vogel aufgrund seiner Nacktheit ursprünglich genannt, wurde von Birgit abgeholt und einige Tage später zu mir gebracht. Am 10. August 2005 zog der das Handicap-Vögelchen in mein Vogelzimmer ein und erhielt seinen neuen Namen: Tara.

Als die Jugendmauser einsetzte, verlor Tara zunächst noch mehr Federn.
Als die Jugendmauser einsetzte, verlor Tara zunächst noch mehr Federn.

Natürlich hätte ich Tara nicht gleich ins Vogelzimmer gelassen, wenn ich nicht absolut sicher gewesen wäre, dass die junge Dame gesund war. Es waren im Vorfeld mehrere Tests durchgeführt worden, die zeigten, dass das Vögelchen weder an der Französischen Mauser noch an PBFD, einer ebenfalls unheilbaren Viruserkrankung, litt. Weil alle anderen Geschwister und Eltern keinerlei Symptome gezeigt hatten, konnten wir diesen Testergebnissen glauben – das Problem ist nämlich, dass es mitunter falsch-negative Testergebnisse gibt. Weshalb Tara kaum Federn hatte, war anfangs unklar. Später stellte sich bei weiteren Tests heraus, dass offenbar ein hormonelles Ungleichgewicht und eine starke Mangelernährung während der Wachstumsphase hinter der gravierenden Befiederungsstörung gesteckt hatte. Mit verschiedenen Mitteln versuchte ich deshalb, das Federwachstum anzukurbeln. Ob es an dieser Behandlung lag oder ob sich Taras Körper von selbst regenerierte, lässt sich rückblickend betrachtet nicht mehr sagen. Doch tatsächlich wuchsen ihr am gesamten Körper Federn, lediglich das Großgefieder fehlte zeitlebens, siehe auch die Bildersammlung weiter unten.

Tara nahm immer sehr aufmerksam wahr, was um sie herum passierte.
Tara nahm immer sehr aufmerksam wahr, was um sie herum passierte.

Als Tara damals im Vogelzimmer eintraf, konnte man ihr regelrecht ansehen, wie unbeschreiblich groß ihre Freude war. Sie hatte bis zu diesem Tag noch nie in ihrem Leben so viel Platz zur Verfügung gehabt. Auch die zahlreichen aus Naturhölzern gebauten Klettermöglichkeiten schienen die sehr aktive Vogeldame regelrecht zu begeistern. Sogleich erkundete die neugierige Junghenne das Vogelzimmer und die anderen Sittiche, mit denen sie zum Teil sofort aneinandergeriet. Denn an Selbstbewusstsein und einer Portion Unverschämtheit mangelte es Tara gewiss nicht. Vor allem die ebenfalls fast nackte Medea, die damals noch unter den Lebenden weilte, konnte dem weiblichen Neuzugang im Vogelzimmer zunächst einmal gar nichts abgewinnen und meckerte Tara kräftig an. Aber alles in allem verlief der Einzug der Neuen sehr friedlich und problemlos, denn die anderen Vögel nahmen Tara gleich in den Schwarm auf, als hätte sie schon immer dazugehört.

Die von einer schweren Befiederungsstörung gezeichnete Tara war Folaras beste Freundin.
Die von einer schweren Befiederungsstörung gezeichnete Tara war Folaras beste Freundin.

Von diesem Tag an mischte Tara also in der bunten Vogeltruppe kräftig mit. Sie war zwar einerseits sehr durchsetzungsstark, hatte aber auch eine sanfte Seite. Recht bald freundete sie sich eng mit der viel größeren Folara, einem Standardsittich mit sehr voluminösem Gefieder, an. Gern kraulte sie ihrer Freundin den üppig befiederten Kopf und kuschelte sich in ihr flauschiges Federkleid, als Folara noch lebte. Der großen Freundin schien es zu gefallen und sie teilte ihre Federn offenkundig gern mit dem seinerzeit nur spärlich befiederten Jungweibchen. Nach Folaras Tod flirtete Tara bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit Nik, der Anfang 2007 ihr fester Partner wurde und es blieb, bis er im November 2009 starb. Seitdem hatte sie zwar hier und da mal einen Flirt, aber sie führte keine feste Beziehung mehr, schien darüber jedoch auch nicht sonderlich unglücklich zu sein. Einsam war sie im Vogelschwarm ja glücklicherweise nicht.

Beim Entspannen am Nachmittag machte Tara gern einen sehr 'runden Rücken'.
Beim Entspannen am Nachmittag machte Tara gern einen sehr ‚runden Rücken‘.

Tara war immer fröhlich und zeitlebens nie krank – bis auf eine Episode, die sie ihrer eigenen Kühnheit zuzuschreiben hatte. Sie tobte im Sommer 2012 einmal so ausgelassen herum, dass sie schwer stürzte und sich ein Bein brach. Glücklicherweise verheilte der Bruch problemlos und schränkte sie später nicht in ihren Bewegungen ein. Ende Januar 2015 wurde sie erstmals in ihrem Leben schwer krank. Sie erlitt eine Infektion des Verdauungstraktes und alle Versuche, dieser mit Medikamenten zu begegnen, schlugen leider fehl. Tara schloss ihre Augen am 6. Februar 2015 für immer. Doch die Erinnerung an diese fröhliche und resolute Vogeldame wird in meinem Herzen weiterleben.

Taras Farbschlag nennt sich Hellblaues Europäisches Gelbgesicht Mutation II in Opalin. Durch einen Gelbhauch auf den hellblauen Federn sieht das Gefieder bei diesen Tieren türkis aus.

Bedeutung des Namens

Tara im Porträt.
Tara im Porträt.

Ich wollte meiner Tradition, meine Sittiche nach astronomischen Objekten zu benennen, auch in diesem Fall wieder treu bleiben. Aber es sollte ein wirklich schön klingender Name sein – zumindest nach meinem Geschmack. Also habe ich mich für den Namen Tara entschieden. Im Sanskrit, einer alten Sprache, die auf dem indischen Subkontinent gesprochen wurde und wird, bedeutet Tara „Stern“. Außerdem ist Tara in der hinduistischen Mythologie eine bedeutende Figur, denn dies ist einer der Namen der Frau von Shiva. Im tibetischen Buddhismus spielt Tara ebenfalls eine große Rolle, sie ist die Muttergottheit.

Taras Gefiederverbesserung in Bildern

Tara am 10.08.2005.
Tara am 10.08.2005.
Tara am 21.08.2005.
Tara am 21.08.2005.
Tara am 27.09.2005.
Tara am 27.09.2005.
Tara am 20.10.2005.
Tara am 20.10.2005.
Tara am 06.12.2005.
Tara am 06.12.2005.
Tara am 27.12.2005.
Tara am 27.12.2005.
Tara am 12.01.2006.
Tara am 12.01.2006.
Tara am 18.02.2006.
Tara am 18.02.2006.
Tara am 13.03.2006.
Tara am 13.03.2006.
Tara am 11.04.2006.
Tara am 11.04.2006.
Tara am 02.12.2006.
Tara am 02.12.2006.
Tara am 16.11.2008.
Tara am 16.11.2008.