Diätfutter

Pummelig und bewegungsfaul wie dieser Wellensittich sind viele in der Obhut des Menschen gehaltene Vögel.
Pummelig und bewegungsfaul wie dieser Wellensittich sind viele in der Obhut des Menschen gehaltene Vögel.

Genau wie viele Menschen, neigen auch etliche Heimvögel zur Entstehung von Übergewicht, wobei dies bei manchen Arten häufiger auftritt als bei anderen. Zu den Tieren, die besonders häufig übergewichtig werden, gehören beispielsweise Wellensittiche. Auf die Gesundheit der Vögel wirkt sich Übergewicht in vielen Fällen schädlich aus: Verfettung der Leber und „Rettungsringe“ lassen die Vögel zu phlegmatischen, kränkelnden Stubenhockern werden. Das Fliegen fällt ihnen schwer, weil ihr Knochenbau und die Muskulatur nicht darauf ausgelegt sind, viel Gewicht durch die Luft zu bewegen. Deshalb haben die Tiere kaum noch Lust, aus dem Käfig zu kommen und werden regelrecht flugfaul – ein Teufelskreis, denn wer sich wenig bewegt, nimmt nicht ab, sondern wird eher noch schwerer. Und mit dem steigenden Übergewicht wird die Gefahr größer, dass sie an Organerkrankungen zu leiden beginnen, was ihren Zustand noch verschlimmert.

Für viele Vogelhalter ist deshalb irgendwann der Punkt erreicht, an dem sie beschließen, dass ihr Vogel abnehmen muss. Oder aber ihr Tierarzt legt ihnen nahe, ihre Vögel auf Diät zu setzen, weil vielleicht sogar schon erste Beeinträchtigungen der Organe durch das Übergewicht aufgetreten sind oder die Tiere Druckstellen beziehungsweise Geschwüre unter den Füßen entwickelt haben, weil die Haut dort der ständigen Überbelastung nicht mehr standhalten konnte.

Deutlich ist bei diesem Wellensittichmännchen der dicke Bauch zu erkennen, das Tier sollte dringend abnehmen.
Deutlich ist bei diesem Wellensittichmännchen der dicke Bauch zu erkennen, das Tier sollte dringend abnehmen.

Dann ist die alles entscheidende Frage: Wie bringt man einen Vogel dazu, abzunehmen? Und noch viel wichtiger ist dabei, die Gewichtsabnahme so zu gestalten, dass sie den Vögeln nicht schadet – das könnte bei einem falschen Ansatz sehr leicht geschehen. Für Menschen, die abnehmen möchten, gibt es spezielle Diätlebensmittel, da müsste es etwas Vergleichbares doch auch für Vögel geben, denken sich viele Halter. Weil manche Menschen die typischen „Crash-Diäten“ von sich selbst kennen, bei denen sie einige Tage lang kaum etwas essen, um schnell abzunehmen, wird leider immer wieder auch dieses Prinzip auf Vögel angewandt. Ihnen wird für einige Tage das Futter fast vollständig entzogen – oft mit verheerenden Folgen. Warum der radikale Futterentzug so gefährlich ist, was es mit Diätfutter für Vögel auf sich hat und wie die Gewichtsabnahme funktionieren kann und sollte, wird im Folgenden beschrieben. Um zu verstehen, wie der Vogelkörper funktioniert und wie er auf Nahrungsüberfluss oder -mangel reagiert, ist es wichtig, einige Details zu kennen.

Turbostoffwechsel und unnatürliche Nahrungssituation

Diese beiden Vögel sind eindeutig zu dick und sollten Diät halten.
Diese beiden Vögel sind eindeutig zu dick und sollten Diät halten.

Nahezu alle auf der Welt lebenden Vogelarten verfügen über einen sehr raschen Stoffwechsel. Dieser ist eine für das Überleben wichtige Anpassung an die Eroberung des Luftraumes. Um fliegen zu können, müssen Vögel einerseits möglichst leicht sein, andererseits aber auch recht viel Energie aufwenden. Befinden sich große Nahrungsmengen im Körper, ist der Vogel schwerer als ohne einen gut gefüllten Verdauungstrakt. Damit das Futter nicht lange als zusätzliches und damit hinderliches Gewicht herum getragen werden muss, verfügen Vögel über eine sehr schnell und effizient arbeitende Verdauung sowie einen Turbo-Stoffwechsel. Innerhalb kürzester Zeit gelingt es ihnen, große Energiemengen aus ihrer Nahrung zu beziehen. Die unverdaulichen Reste werden schnell als Kot ausgeschieden, es wird quasi „Ballast abgeworfen“.

Weil Vögel, die in freier Natur leben, nur selten extremen Nahrungsüberfluss vorfinden, nehmen sie täglich meist gerade so viel Nahrung zu sich, dass diese eine ausreichende Energiemenge für das Aufrechterhalten der Körperfunktionen und die körperlichen Aktivitäten, also das Fliegen und dergleichen, bereitstellen. Energiezufuhr und -verbrauch befinden sich bei ihnen im Gleichgewicht und sie halten ihr Körpergewicht konstant. Brütende oder Junge aufziehende Vogelweibchen verlieren meist etwas an Gewicht und müssen dies später wieder ausgleichen. Und Zugvögel fressen sich vor der langen, kräftezehrenden Reise meist ein kleines Fettpolster an, das in aller Regel aufgebraucht ist, wenn sie das Überwinterungsgebiet erreichen.

Ein reichhaltiges Futterangebot nehmen Wellensittiche und viele andere Ziervögel gern an – und werden dadurch leider schnell zu dick.
Ein reichhaltiges Futterangebot nehmen Wellensittiche und viele andere Ziervögel gern an – und werden dadurch leider schnell zu dick.

Vom Menschen gehaltene Vögel haben denselben schnellen Stoffwechsel und dieselbe effizient arbeitende Verdauung wie ihre wilden Verwandten. Anders als diese finden Ziervögel aber bei einer Haltung in der Obhut des Menschen jeden Tag einen reichlich gefüllten Futternapf vor, der in den meisten Fällen permanent zugänglich ist. Lange Flugstrecken zur Nahrungssuche entfallen somit, was bedeutet, dass sie für die Futterbeschaffung keinerlei Energie aufwenden müssen. Hinzu kommt, dass manche Halter es zu gut mit ihren gefiederten Pfleglingen meinen. Sie reichen ihnen viel zu viel Futter oder gar Nahrungsmittel, die nicht auf die Bedürfnisse der Tiere abgestimmt sind, und das jeden Tag. Diese ständige Verfügbarkeit (über)großer Nahrungsmengen kann insbesondere für Wellensittiche zum Problem werden, weil sie sich so permanent Reserven anfressen können, die sie aber praktisch nie wirklich aufbrauchen können.

Wilde Wellensittiche in Australien.
Wilde Wellensittiche in Australien.

Ganz anders ist es in der Wildnis: In freier Natur leben wilde Wellensittiche in den Weiten Australiens mal hier und mal dort. Sie ziehen das gesamte Jahr über als Nomadenvögel durch die vielerorts eher lebensfeindliche Landschaft, um nach den wenigen ergiebigen Futterplätzen zu suchen, die nach lokalen Regenfällen entstehen. Denn nur wenn es in Australiens Outback regnet, können dort Gräser wachsen, von deren Samen sich viele Vögel ernähren. Wellensittichen und anderen Vogelarten ist es angeboren, gute Gelegenheiten sofort und möglichst ausgiebig zu nutzen. Bietet sich den wild lebenden Vögeln draußen eine gute Nahrungssituation, schlagen sie sich den Bauch voll, weil sie nicht wissen, ob sie am nächsten Tag wieder so viel Glück bei der Nahrungssuche haben werden. Diesen Instinkt haben auch als Heimvögel gehaltene Wellensittiche. Tag für Tag stehen sie vor dem gut gefüllten Napf und fressen so viel sie können, um Fettdepots für magere Zeiten anzulegen, denn auch in diesen müssen die Tiere genügend Energie haben.

Ist viel Futter vorhanden, fressen die meisten Wellensittiche mehr, als sie benötigen würden.
Ist viel Futter vorhanden, fressen die meisten Wellensittiche mehr, als sie benötigen würden.

Weil sie aber in ihrem sicheren Zuhause beim Menschen immer beste Futterbedingungen vorfinden, können die Fettdepots der Vögel kontinuierlich wachsen. Denn oft fressen die Tiere viel mehr, als ihr Körper verbrauchen kann, und das sogar trotz ihres schnellen Stoffwechsel. Hinzu kommt oft, dass die Vögel zu wenig fliegen oder kaum anderweitige Bewegung haben, wodurch die Entstehung von Übergewicht zusätzlich gefördert wird.

Sind sie einmal zu schwer geworden, stecken die Tiere mitten in dem bereits weiter oben angedeuteten Teufelskreis: Das Fliegen wird zusehends anstrengender, je mehr sie zunehmen. Je weniger sie fliegen, desto dicker werden sie und sie verbringen noch mehr Zeit in unmittelbarer Nähe ihres Fressnapfes. Der Versuchung, noch etwas zu fressen, können sie oft nicht widerstehen – und nehmen noch mehr zu.

Vogelhalter stehen in einer solchen Situation vor einer wichtigen und leider in den meisten Fällen alles andere als leichten Aufgabe. Um einen Wellensittich oder einen anderen Heimvogel durch eine Diät wieder sein Normalgewicht erreichen zu lassen, muss der Teufelskreis durchbrochen werden. Allerdings sollte die Diät nicht zu drastisch ausfallen, um der Gesundheit der Tiere nicht zu schaden. Schritt für Schritt sollte das Übergewicht in einem sinnvollen Zeitraum abgebaut werden, und das unbedingt in enger Absprache mit einem vogelkundigen Tierarzt.

Ernährungsumstellung und sanftes Bewegungstraining

Aufgrund ihres raschen Stoffwechsels benötigen Vögel täglich eine bestimmte Nahrungsmenge. Reicht man ihnen zu wenig oder sogar überhaupt kein Futter, könnten sie binnen kürzester Zeit verhungern, was auch dann gilt, wenn sie übergewichtig sind. Der Organismus der meisten Vogelarten ist nicht darauf ausgelegt, eventuell vorhandene Fettreserven zu nutzen, um damit tagelanges Hungern zu überstehen. Einige Zugvögel wie beispielsweise Wildgänse sind dazu zwar bedingt in der Lage, aber für die meisten Heimvogelarten gilt das nicht. Also ist die wichtige Regel zu befolgen: Heimvögel dürfen niemals tagelang hungern, um abzunehmen. Eine solche drastische Maßnahme könnte sie in Lebensgefahr bringen!

Fressen Wellensittiche zu viel Kolbenhirse, macht dieses Futter dick, weshalb es bei einer Diät rationiert werden sollte.
Fressen Wellensittiche zu viel Kolbenhirse, macht dieses Futter dick, weshalb es bei einer Diät rationiert werden sollte.

Nur eine Ernährungsumstellung in Kombination mit einem sanften Bewegungstraining sowie das strikte Rationieren von „Dickmachern“ wie zum Beispiel Kolbenhirse oder Ölsaaten sorgt dauerhaft für Abhilfe. Wie wir Menschen sollten Vögel langsam abnehmen und ihre Diät darf auf keinen Fall zu Mangelerscheinungen (Vitaminmangel) führen. Das heißt, das Futter sollte vitamin- und mineralstoffreich sein, dabei aber nicht allzu fetthaltig. Unterstützend zur Nahrungsumstellung sollte sich ein übergewichtiger Vogel mehr bewegen und wieder Spaß am Fliegen gewinnen, anderenfalls wird er sehr wahrscheinlich nicht dauerhaft abnehmen. Doch keinesfalls ist Handeln in Eigenregie sinnvoll, es bedarf bei einer Diät für Heimvögel einiger wichtiger Vorbereitungen.

Vor der Diät zum Tierarzt gehen

Dieses Wellensittichweibchen hat eindeutig zu viel Speck angesetzt.
Dieses Wellensittichweibchen hat eindeutig zu viel Speck angesetzt.

Sollten Sie selbst feststellen, dass Ihr Vogel dringend abnehmen müsste, ist es in jedem Fall ratsam, ihn vor dem Beginn einer Diät von einem auf die Behandlung von Vögeln spezialisierten Tierarzt gründlich untersuchen zu lassen. Viele übergewichtige Vögel erleiden aufgrund ihrer schlechten körperlichen Verfassung zum Beispiel eine Lebererkrankung, die häufig zunächst unbemerkt bleibt. Manchmal wird auch das Herz-Kreislauf-System geschädigt. Fliegt ein solcher Vogel im Laufe der Zeit aufgrund der Gewichtsreduzierung wieder mehr, kann er in ernsthafte gesundheitliche Schwierigkeiten geraten, da sein Herz die ungewohnte Belastung nicht mehr gewohnt ist. Deshalb muss im Vorfeld in jedem Fall eine Untersuchung stattfinden, um eventuell vorhandene Organschäden mit wirksamen Medikamenten behandeln zu können und sich auf gegebenenfalls erforderliche bleibende Organschäden einzustellen. Die Grundregel lautet deshalb: Führen Sie bei Ihren Heimvögeln niemals eine Diät in Eigenregie und ohne vorherige tierärztliche Kontrolle durch.

Das richtige Futter für die schlanke Linie

Auch wenn viele Wellensittiche zunächst einmal skeptisch schauen, ist frisches Gemüse ein wichtiger Bestandteil jeder Diät zur Gewichtsreduktion.
Auch wenn viele Wellensittiche zunächst einmal skeptisch schauen, ist frisches Gemüse ein wichtiger Bestandteil jeder Diät zur Gewichtsreduktion.

Während einer Diät zur Reduktion des Gewichts sollte der Anteil fetthaltiger Körner und Saaten am Vogelfutter eher gering sein. Zu den Ölsaaten, die eher nicht in großen Mengen gereicht werden sollten, gehören beispielsweise Hanf, Nigersaat und Sonnenblumenkerne. Auch echte Dickmacker wie Knabberstangen oder andere in Zoofachgeschäften, Supermärkten oder Drogeriemärkten erhältliche Leckerbissen, die Zucker beziehungsweise Honig enthalten, sollten vorübergehend nicht gereicht werden. Kolbenhirse wird von vielen Tierärzten regelrecht verteufelt, weil sie angeblich furchtbar dick macht. Das stimmt so nicht ganz, denn sie ist eigentlich nicht übermäßig fetthaltig. Dennoch überfressen sich viele Wellensittiche und andere Heimvögel häufig an diesem für sie sehr schmackhaften Nahrungsmittel, weshalb ihnen insbesondere in der ersten Phase einer Diät keine oder nur sehr wenig Kolbenhirse serviert werden sollte.

Salatgurken sind ein gesundes Nahrungsmittel für Heimvögel, das eine Gewichtsreduktionsdiät unterstützen kann.
Salatgurken sind ein gesundes Nahrungsmittel für Heimvögel, das eine Gewichtsreduktionsdiät unterstützen kann.

Reichen Sie Ihren Vögeln, die Diät halten müssen, die Futtertagesration nicht in einer Portion. Geben Sie den Tieren lieber morgens und nachmittags je eine mit einem vogelkundigen Tierarzt besprochene kleine Futtermenge. Ergänzend sollten Sie den Tieren viel Frischkost wie Gemüse, Küchenkräuter, wilde Beeren, Grünfutter aus der Natur und Wildgräser servieren. Obst ist zuckerhaltig und könnte deshalb einer Diät im Wege stehen, weshalb im Einzelfall geklärt werden muss, ob es gereicht werden sollte oder nicht.

Viele frische Futtermittel enthalten Vitamine und Mineralstoffe in großen Mengen und sie sind gleichzeitig fettarm. Vor allem an Gemüse und Kräutern sowie Wildgräsern können sich Ihre Vögel nach Herzenslust satt essen. Entgegen anders lautender Aussagen verursacht Frischkost in Wahrheit übrigens keinen Durchfall.

Keimfutter ist meist weniger gehaltvoll als nicht gekeimte Körner und eignet sich deshalb gut als Futter während einer Diät zur Gewichtsreduktion.
Keimfutter ist meist weniger gehaltvoll als nicht gekeimte Körner und eignet sich deshalb gut als Futter während einer Diät zur Gewichtsreduktion.

Hervorragend als Grundnahrungsmittel geeignet ist frisches Keimfutter, sofern es hygienisch zubereitet und serviert wird. Durch den Keimvorgang bilden sich wichtige Vitalstoffe in den Körnern und Keimlingen, während der Fettgehalt ein wenig sinkt. Eine weitere gesunde Leckerei, die Sie während einer Diät an kleine Heimvogelarten verfüttern können, sind reife Samen von Wildgräsern, darunter zum Beispiel Knaulgrassamen. Sie enthalten relativ wenig Fett und versorgen den Körper des Vogels mit Mineralstoffen und Vitaminen.

Bringen Sie Ihre Vögel dazu, sich langsam wieder an das Fliegen und an mehr Bewegung zu gewöhnen, indem Sie den Futternapf nicht im Käfig aufstellen, sondern an einem anderen für das Tier gut erreichbaren Ort im Freiflugzimmer. Die Entfernung zwischen Napf und Käfig sollte anfangs nicht zu groß gewählt werden, damit auch untrainierte Vögel sie fliegend oder vielleicht sogar kletternd bewältigen können. Mit der Zeit können Sie die Entfernung vergrößern, sobald Ihre Vögel wieder besser fliegen können.

Diätfutter aus dem Fachhandel

Extrudatfutter für keline Sitticharten.
Extrudatfutter für keline Sitticharten.

Ist ein Vogel übergewichtig, reicht es für gewöhnlich nicht aus, sein gewohntes Körnerfutter durch ein Diät-Körnerfutter aus dem Fachhandel zu ersetzen. Wie oben beschrieben, muss die Nahrungsmenge dem täglichen Bedarf angepasst sein und um viel Frischkost ergänzt werden. Anderenfalls bringt das Verfüttern solcher Diätnahrung meist nicht den gewünschten Erfolg.

Hat Ihr Tierarzt bei der Untersuchung Ihres übergewichtigen Vogels festgestellt, dass bereits Organschädigungen beispielsweise der Leber vorliegen, kann es ratsam sein, künftig auf das Verfüttern von Körnerfutter zu verzichten und stattdessen Extrudate oder Pellets zu reichen. Diese sind in unterschiedlicher Zusammensetzung erhältlich und es gibt spezielle Produkte für Vögel mit Organschäden. Lassen Sie sich hierzu von einem vogelkundigen Tierarzt oder von einem Experten für Papageienernährung beraten.